>> Züchtung auf natürliche Varroaabwehr - war es eine Utopie? <<
Von IM Alois Wallner, 3263 Randegg
in der Fachzeitschrift BIENENWELT Artikel vom Heft 1 Jänner 2002
Als Berufsimker mit 700 Bienenvölkern muss
ich mich seit dem Jahr 1985 mit dem Parasiten Varroamilbe befassen. Ich
bezeichne mich als Schüler von unserem leider so früh verstorbenen Lehrmeister
Dr. Josef Bretschko. Erst im Jahre 1988 als Dr. Bretschko auch andere
Mittel der Entmilbung als Ameisesäure empfahl, begann ich meinen
eigenständigen Weg der Entmilbung: "Auslese und Züchtung auf natürliche
Varroaabwehr".
Rückstandsfreies Bienenwachs
Da ich zu den jährlich notwendigen Entmilbungen immer nur Ameisensäure
verwendet habe, ist mein gesamtes Bienenwachs nachweisbar rückstandsfrei.
Rückstandsfreies Bienenwachs ist meiner Meinung nach die Grundlage für eine
objektive und vor allem vergleichbare Auslese auf eine messbare natürliche
Varroaabwehr der einzelnen Bienenvölker.
Rückblick:
Im Jahre 1990 habe ich mein Buch "Imkern heute" im Eigenverlag
herausgebracht (das Buch ist vergriffen). In diesem Buch habe ich erstmals meine
Methode der Selektion auf das Töten von Varroamilben durch die Bienen
vorgestellt. Viel Kritik der diversen Wissenschaftler musste ich mir gefallen
lassen. Selbst für Aprilscherze hat man meine Arbeit missbraucht. Mittlerweile
haben sich aber die Wogen geglättet.
Mein Messwert für die Eigenschaft "Töten von Varroamilben durch die
Bienen": Dieser Messwert wird durch fünf Tage im September täglich an
den hier für vorgesehenen Völkern erhoben. Mit einer Lupe (20 fache
Vergrößerung) werden die einzelnen Milben auf Verletzungen untersucht (meist
sind es Verletzungen an den Beinen der Milben).
Beispiel:Gesamtmilbenabfall eines Volkes in fünf Tagen.
Gesamtmilbenabfall..............50 Milben
davon 25 Milben mit Verletzungen ergibt einen Varroakillerfaktor von 50 Prozent.
Das heißt, die Hälfte des natürlichen Milbenabfalls stammt aus einer Tötung
durch die Bienen, die restlichen Milben ohne Verletzungen konnten sich bis zum
natürlichen Tod weitervermehren. Je mehr Milben im Verhältnis zum Gesamtabfall prozentuell getötet werden umso
günstiger Bewerte ich diese Eigenschaft! Durch eine mühevolle Selektion und Züchtung konnte ich diese Eigenschaft in 13
Jahren erheblich steigern.
Nachfolgenddie Ergebnisse im Jahresvergleich
Varroakillerfaktor der Zuchtvölker im Jahre
1990...........................ø 27 %
1993...........................ø 52 %
1995...........................ø 75 %
1996...........................ø 84 %
1997...........................ø 84 %
1998...........................ø 89 %
1999...........................ø 89 %
2000...........................ø 90 %
2001...........................ø 90 %
2002...........................ø 92 %
2003...........................ø 92 %
2004...........................ø 92 %
2005...........................ø 93 %
2006...........................ø 95 %
2007...........................ø 96 %
2008...........................ø 96 %
Aus diesem Ergebnis ist deutlich der gefestigte und verbesserte Wert im Töten von
Varroamilben durch die Bienen nachweisbar.
Wie wirkt sich nun diese veränderte natürliche Varroaabwehr aus?
Bei einem durchschnittlichen Wert von 80 % Varroakillerfaktor und mehr, kann ich
auf das obligate Ausschneiden der Drohnenbrut verzichten, die Ableger müssen
nicht sofort nach deren Bildung entmilbt werden. Auf die früher unbedingt
notwendige Restentmilbung im September kann ich nun auch verzichten. Lediglich
zur Unterstützung des größten Varroadrucks, also vor dem Abgang der
Sommerbienen setze ich zweimal Ameisensäure ein. Die Restentmilbung erledigen
die Bienen selbst. Ganzjährig und rund um die Uhr werden Milben durch die
Bienen geötet. Eine Entmilbung im Frühjahr ist daher unnötig. Die Varroamilbe
hat damit in meiner Imkerei ihren Schrecken verloren. Rückstandsfreie
Bienenprodukte, die auch der Bio-Norm entsprechen, können vermarktet werden.
Mit der Natur und nicht gegen diese, heißt mein Leitspruch.
Made in Austria
Mittlerweile wurde die ausschließlich von mir entwickelte Methode der
Messbarkeit der Eigenschaft "Töten von Varroamilben" durch die Bienen
Bestandteil der Zuchtrichtlinien des Deutschen Imkerbundes.
Zusammenfassung
Auslese und Züchtung auf natürliche Varroaabwehr ist eine schwierige,
jahrzehnte lange Arbeit - diese Arbeit kann man von einem einfachen Imker nicht
verlangen. Die Verbesserung der natürlichen Varroaabwehr hat sich in meiner
Berufsimkerei sehr positiv ausgewirkt. Statt wie früher üblichen vier
Entmilbungen genügen heute zwei. Auf das Ausschneiden der Drohnenbrut zur
Varroareduzierung kann gänzlich verzichtet werden. Früher musste ich die neu
gebildeten Ableger sofort entmilben, auch das ist unnötig geworden. Früher
musste ich im September eine Restentmilbung durchführen, auch das ist
mittlerweile unnötig, die Bienen nehmen die Restentmilbung selbst vor, indem
sie ganzjährig Tag und Nacht Milben töten. Eine Entmilbung im Frühling ist
auch nicht mehr notwendig. Die Völkerverluste über Winter liegen in den
letzten Jahren nicht höher als vor der Varroainvasion. Im Vorjahr lagen die
Winterverluste bei einem Prozent. Züchtung auf natürliche Varroaabwehr war in
meiner Imkerei keine Utopie.
Ein Blick in die Zukunft?
Wann könnte 99 % VKF erreicht sein? Möglicherweise könnte dies mathematisch berechnet werden. Freundlicherweise hat sich ein bekannter Mathematiker unserer Familie bereit erklärt diese Frage abzuklären.
Nun das Ergebnis seiner Berechnung, basierend auf den Daten von 1990-2006: "Ausgehend von den Entwicklungsdaten seit 1990 ist klar ein asymptotisches Annähern an eine optimale Resistenz sehen.
Zeitreihenanalytische Methoden legen ein exponentiell gedämpftes Wachtum dieser Kennzahl nahe. An den konkreten Daten ergibt dies (Stand Ende 2006) ein Erreichen des Zielwertes von 99 % Varroakillerfaktor noch im Jahr 2011."
Die neue Selektion:
Messwerte über die Schnelligkeit im Abfangen und Töten von Varroamilben der neuesten Zuchtkombinationen habe ich erstmals 2009 erhoben. Ob oder wie stark diese neue Selektion weitervererbt wird, darüber liegen erst im Herbst 2010 die Messwerte vor.
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